Furka-Dampfbahn (Schweiz)
Furka-Dampf bis Oberwald
Im August 2010 ist die Bahnstrecke von Oberwald nach Gletsch wieder für den sommerlichen Dampfzug-Verkehr eröffnet worden. Die 1914 erstmals befahrene und 1981 vor Inbetriebnahme des Furka-Basistunnels stillgelegte Verbindung ist von der Dampfbahn Furka-Bergstrecke (DFB) dem Dornröschenschlaf entrissen und in mehrjähriger Fronarbeit mit Aufwändungen von rund 3,5 Mio. CHF betriebsfähig hergerichtet worden.
Die rund 5 Kilometer lange Strecke von Oberwald nach Gletsch wurde beim Bau vorwiegend für Steigungen bis 90 Promille ausgelegt. Auf zwei Abschnitten von insgesamt 1418 m Länge entspricht die Neigung dem bei der damaligen Furkabahn üblichen Maximalwert von 110 Promille. Zur Bewältigung der 396 m Höhendifferenz zwischen Oberwald (1366 m ü.M.) und Gletsch (1762 m ü.M.) benützen die Züge auch heute noch die auf 4371 Metern durchgehend verlegte Zweilamellen-Zahnstange nach System Abt. Als zusätzliche Steigungshilfe dient unterhalb von Gletsch ein 578 m langer Kehrtunnel, der in Form einer fast vollständigen Drehung in Spiral-Bauweise durch den Fels führt.
Nach der Abfahrt im vollständig neu erstellten Bahnhof Oberwald DFB fährt der Dampfzug sofort in den Zahnstangenabschnitt ein. Zur Querung der Hauptstrasse dient heute ein innovativ konstruierter Niveauübergang mit einer Schrankenanlage und versenkbaren Zahnstangensegmenten. Diese einzigartige, elektromechanisch angetriebene Vorrichtung garantiert die Sicherheit der Strassenbenützer, indem sie ausserhalb der Zugfahrten eine Gefährdung durch die wenige Zentimeter über die Schienenoberkante hochragenden Stahllamellen der Zahnstange ausschliesst.
Vorbei an den vor Jahrhunderten im ortsüblichen Lärchenholz-Baustil errichteten Gebäuden steigt die Strecke am reichlich mit Blumen übersäten Wiesenhang bergwärts. Auf einer niedrigen Brücke wird der plätschernde Rätischbach überquert. Unten bleibt das Dorf Oberwald mit seiner schmucken Kirche zurück. Der Reisende sollte nochmals gegen Westen schauen, wo sich in der Ferne die Eispyramide des Weisshorns aus dem Blickfeld verabschiedet. Mit der Einfahrt in den Lärchenwald verengt sich das Tal zusehends. Nach der 85 m langen, über die Hauptstrasse führenden Lammenbrücke rücken Bahnstrecke und Rhone immer enger zusammen. Entlang ihres rauschenden Gletscherwassers folgt der Zug zerklüfteten Felswänden und lässt das schattige Waldgebiet hinter sich. Er erreicht nun die Rottenschlucht. Zwischen den steilen Hängen gleicht die Dampflok mit ihren Wagen einer Raupe, die langsam den Schienen entlang kriecht. Bei einem Blick über die Lok kann der Reisende bald schon die kühn gewundenen Serpentinen der Grimsel-Passstrasse erkennen.
Nun sollte man sich für die wichtigsten Sehenswürdigkeiten bereithalten. Denn jetzt muss ein steiler Gefällsbruch überwunden werden. Während die Strasse dieses natürliche Hindernis mit mehreren engen Kurven bewältigt, benützt die Bahn einen Kehrtunnel. Bevor die Zugskomposition aber in der 578 m langen Felsröhre verschwindet, rollt sie über einen noch mit ursprünglichem Mauerwerk ausgestatteten Natursteinviadukt. Mit drei Bögen schwingt sich dieses formschöne und als Fotosujet beliebte Bauwerk zwölf Meter hoch über die weisse Gischt der wild schäumenden Rhone. Unmittelbar anschliessend tauchen Lok und Wagen ins Dunkel des Gletsch-Kehrtunnels. Im Felsinnern dreht das Zahnstangengleis in einer Spirale um 280 Grad und schraubt sich mit 80 m Kurvenradius um 46 Höhenmeter empor. Nach einigen Minuten kommt der Zug wieder ins Freie. Mit einer Maximalsteigung von 110 Promille befährt er nun einen Erddamm und einen längeren Lehnenviadukt, an dessen Ende die Zahnräder aus der Zahnstange ausrasten.
Die Aufmerksamkeit sollte nun wieder der Dampflok gelten. Über ihrem Kamin taucht jetzt nämlich erstmals die gewaltige Felsenkulisse von Gletsch mit den Furkahörnern, dem mit Eis bedeckten Galenstock und dem Sidelenhorn auf. Dort in einer Mulde eingebettet, präsentiert sich der noch verbliebene Rest der schnell abschmelzenden Front des aktuell noch 9,1 km messenden Rhonegletschers. Nach einer erneuten Querung der Hauptstrasse auf einem mit Lichtsignalen gesicherten Niveauübergang folgt eine letzte Rampe, die den Zug an der Lokremise vorbei zur Gleisanlage des Bahnhofes Gletsch hochführt. Hier hält er nach rund 30 Minuten Erlebnisfahrt an. Speziell in Gletsch: Das Stationsgebäude steht am anderen Ufer der Rhone und kann vom Bahnsteig aus nur über eine Brücke erreicht werden.
Während die Lokomotive mit Kesselwasser versorgt wird, hat der Reisende die Wahl zur Fortsetzung seiner Nostalgiefahrt im Dampfzug nach Realp oder zum Wechsel in die gelben Postautos, die ihn entweder wieder nach Oberwald zurückbringen oder über die kühn angelegten Passstrassen via Grimsel nach Meiringen, bzw. via Furka nach Andermatt weiterbefördern.
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Dampfbahn Furka-Bergstrecke AG
Beat Moser
31.08.2010